Jeder Auszubildende, der seine schriftlichen Prüfungen geschafft hat, macht sich spätestens bei Bekanntgabe der Ergebnisse Gedanken über den letzten Teil seiner Abschlussprüfung: die mündliche Prüfung Speditionskaufmann – auch fallbezogenes Fachgespräch genannt.
Das fallbezogene Fachgespräch ist vergleichbar mit dem Gesellenstück bei einer handwerklichen Berufsausbildung. Der Prüfling soll in dem Gespräch zeigen, „das der Container auch wirklich in X ankommt“.
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Die rechtliche Grundlage der Prüfung ergibt sich aus § 9 Abs. 3 Nr. 4 der „Verordnung über die Berufsbildung zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung/zur Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistung“.
„im Prüfungsbereich Fallbezogenes Fachgespräch: Der Prüfling soll auf der Grundlage einer von zwei ihm zur Wahl gestellten praktischen Aufgaben aus dem Gebiet Speditionelle und logistische Leistungen Lösungsvorschläge entwickeln und begründen.
Bei der Aufgabenstellung ist der betriebliche Ausbildungsschwerpunkt zugrunde zu legen. Die Aufgabe ist Ausgangspunkt für ein Fachgespräch. Das Fachgespräch soll einschließlich der Lösungsdarstellung höchstens 30 Minuten dauern.
Der Prüfling soll zeigen, dass er betriebspraktische Aufgaben sachgerecht lösen, wirtschaftliche, technische, ökologische und rechtliche Zusammenhänge beachten sowie Gespräche systematisch und situationsbezogen führen kann.
Dem Prüfling ist eine Vorbereitungszeit von höchstens 20 Minuten einzuräumen“.
In der Anlage der „Verordnung über die Berufsbildung zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung/zur Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistung“ findet ihr eine Übersicht, was unter diesen Themenbereichen zu verstehen ist:
Der Auszug aus dem Gesetzestext macht folgendes deutlich:
Was ist „auf dem Gebiet der speditionellen und logistischen Leistungen“?
Auch hier schweigt die Verordnung nicht. In § 4 Nr. 5 ist dieser Themenbereich genauer beschrieben:
Das sind nur Begriffe, die ich später noch mit „Leben“ füllen werde. Bei der Anmeldung müsst ihr euch für einen der Bereiche entscheiden.
a) Leistungsmerkmale des Straßen-, Schienen- und Luftfrachtverkehrs sowie der Binnen- und Seeschifffahrt vergleichen
b) Eignung der Verkehrsträger für bestimmte Transportgüter unter Berücksichtigung rechtlicher Bedingungen und Beschränkungen ermitteln
c) Möglichkeiten der Verknüpfung von Leistungen der Verkehrsträger nutzen
d) Verkehrsverbindungen unter Berücksichtigung Verkehrsgeografischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte festlegen
e) Einsatzmöglichkeiten im kombinierten Verkehr bewerten
f) Organisation der Beförderung als Kernleistung speditioneller Betätigung beschreiben und gegenüber dem Selbsteintritt abgrenzen
g) Dienstleister, insbesondere Frachtführer und Verfrachter, auswählen
h) Beförderungsmittel und technische Geräte unter Beachtung der Be- und Entladefristen disponieren
i) Einsatzbereiche von Umschlagstechniken und -Geräten darstellen
a) Leistungen in der Lagerlogistik erläutern
b) Arten der Lagerorganisation beschreiben, das vom Ausbildungsbetrieb genutzte Lagersystem darstellen
c) Arbeitsabläufe im Lager darstellen und in logistische Abläufe einbinden
d) Eignung von Anlagen, Maschinen und Geräten im Lager für Transport, Förderung und Verpackung beurteilen
e) Güter nach Lagermöglichkeiten unterscheiden
f) Lagerdokumente verwenden
g) Aufzeichnung von Lagerdaten und ihre Weiterleitung innerhalb der Transportkette überwachen
a) Marktinformationen erschließen
b) Leistungen von Sammelgut- und Systemverkehren anbieten
c) Kunden organisatorische und zeitliche Abläufe sowie Möglichkeiten der Sendungsverfolgung erläutern
d) Versendungen durchführen
e) Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten darstellen
f) Preisbildung und Abrechnung erläutern
a) Vorschriften im grenzüberschreitenden Verkehr berücksichtigen
b) Einsatzmöglichkeiten von Speditionsdokumenten darstellen
c) zoll- und außenwirtschaftliche Rechtsvorschriften berücksichtigen
d) das Akkreditivverfahren erläutern, Bestimmungen von Akkreditiven bei der Auftragsabwicklung beachten
a) logistische Bedürfnisse des Kunden sowie Umsetzungsmöglichkeiten ermitteln, Lösungsvorschläge entwickeln
b) bei der Erarbeitung von Logistikkonzepten mitwirken
c) bei der Ermittlung und Bewertung von Angeboten zur Erbringung logistischer Dienstleistungen im Ausbildungsbetrieb und bei Dritten mitwirken
d) Informationsleistungen des Ausbildungsbetriebes anbieten
e) Abläufe und Aufgabenverteilung bei der Umsetzung logistischer Leistungen darstellen
f) an der Sicherstellung des Daten- und Informationsflusses zwischen den an logistischen Ketten Beteiligten mitwirken
g) vertragliche Leistungsvorgaben umsetzen, Bedürfnisse und Möglichkeiten der Beteiligten berücksichtigen
h) Abweichungen in logistischen Prozessen feststellen und zur Beseitigung beitragen
i) Vorgänge dokumentieren, Daten analysieren und für
Kunden bereitstellen
j) Daten für Leistungsabrechnungen erfassen
k) bei Verbesserungen von logistischen Prozessen mitwirken
Quelle: Anlage 1 (zu § 5) Verordnung über die Berufsbildung zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung/zur Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistung
Am Ende des Blogbeitrags werde ich euch mögliche Aufgaben beziehungsweise Fälle zeigen, die euch bei den fünf Themenbereichen erwarten könnten.
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Der Prüfling betritt den Raum, es findet eine Identitätsfeststellung statt. Das so genannte Berichtsheft, das mittlerweile elektronisch geführt wird, muss aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mehr vorgelegt werden. Bevor die eigentliche Prüfung startet wir der Gesundheitszustand des Prüflings abgefragt und dokumentiert. Hintergrund: Wenn der Prüfling angibt, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen nicht im Stande fühlt die Prüfung zu absolvieren, dann wird hier abgebrochen.
Im Anschluss befragt der Prüfungsausschuss den Prüfling nach seinen Tätigkeiten während der Ausbildung, da er das Berichtsheft nicht mehr einsehen kann.
Wenn diese Formalien erledigt sind, erhält der Prüfling zwei Fälle aus dem von ihm gewählten speditionellen Bereich.
Grundsätzlich gibt es Fälle, die sehr detailliert ausgearbeitet sind. Im Anschluss erfolgen sehr kleinschrittige Fragen. Auf der anderen Seite gibt es Fälle, die sehr knapp sind, wo keine einzige Frage am Ende des Textes steht. Achtung! Lasst euch nicht von der reinen Textlänge lenken. Die langen Fälle sind nicht schwieriger. Ein kurzer Fall mit wenig Text kann eine komplexere Fragestellung behandeln. Schaut euch beide Fälle aus und wählt denjenigen, der am ehesten euren praktischen Erfahrungen und fachlichem Wissen entspricht.
Nachdem ihr den Fall ausgewählt habt, werdet ihr von einem Mitglied des Prüfungsausschusses zum so genannten Vorbereitungsraum begleitet. Hier sitzt eine Person, die die Vorbereitungszeit der Prüflinge „überwacht“. Arbeitsmaterialien befinden sich in diesem Raum. Dort habt ihr 20 Minuten Zeit den Fall zu lösen.
Es empfiehlt sich von selbst, dass ihr keine Fließtexte als Lösung in dieser Zeit aufschreibt. Dafür reicht nicht die Zeit! Am besten ihr macht eine Skizze des Vortrags, den ihr halten wollt. Hierzu gibt es unterschiedliche Methoden. Eine Mindmap könnte hilfreich sein oder ihr schreibt einfach Stichpunkte auf, die er mit Überschriften gliedert. Anhand dieses Fahrplans hangelt ihr euch durch die Prüfung.
Nach Ablauf der 20 Minuten holt ein Mitglied des Prüfungsausschusses den Prüfling in den Prüfungsraum.
Es gibt verschiedene Arten von Fachgesprächen: manche Prüfer bevorzugen das so genannte Kundengespräch, d.h. es wird eine Situation simuliert, in der der Prüfer der Kunde ist. Der Prüfling ist der Spediteur und erläutert seine Vorgehensweise beim Transport. Die klassische Variante ist der Monolog. Der Prüfling stellt sein Thema vor und nachdem der freie Vortrag beendet ist, stellt der Prüfungsausschuss Fragen zum Vortrag. Beim Kundengespräch erfolgt dies simultan. Welche der beiden Varianten in eurer Prüfung zum Einsatz kommt, erfahrt ihr, wenn die Prüfung startet. Das entscheidet jeder Prüfungsausschuss für sich selbst.
„Die Aufgabe ist Ausgangspunkt für ein Fachgespräch.“ (§ 9 Abs. 3 Nr. 4 Satz 3 SpedKfmAusbV 2004) Das bedeutet, dass der Prüfungsausschuss auch Fragen stellen kann, die nicht direkten Bezug zum vorgelegten Fall haben. Das Fachgespräch wird maßgeblich durch den Fall geleitet, kann aber durch zusätzliche Fragen ergänzt werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist Geografie. Gern werden nach dem Vortrag entweder im Zusammenhang mit dem Fall oder losgelöst hiervon Fragen zu Seehäfen, Meeren, Meerengen usw. gestellt.
Aus meiner Erfahrung reden in der „Monologvariante“ die meisten Prüflinge im Schnitt acht bis zwölf Minuten. Sehr wenige Prüflinge halten einen Monolog von 30 Minuten. Das ist aus Sicht des Prüfungsausschusses auch nicht erwünscht, weil dieser zum Vortrag in der Monologvariante immer Fragen stellen will!
Der Prüfungsausschuss besteht aus zwei Vertretern aus der Praxis und einem Lehrer aus der Berufsschule. Wer von diesen Personen die meisten Fragen stellt, hängt vom Ausschuss ab.
Nachdem das dreißigminütige Fachgespräch abgeschlossen wurde, sammelt der Ausschuss die Lösungsskizze des Prüflings zur Beweissicherung ein. Hierbei handelt es sich um einen formalen Aspekt, falls die Prüfung ex post angefochten werden sollte. Im Anschluss berät der Ausschuss ohne den Prüfling die Note, die er für den letzten der vier Prüfungsteile vergeben will.
Wenn es hier ein bisschen länger dauert, dann liegt dies häufig daran, dass im Anschluss bereits der nächste Prüfling reingeholt wird, damit während der Verkündung eurer Note die Vorbereitungszeit des anderen Prüflings läuft.
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Die Abschlussprüfung zum Speditionskaufmann besteht aus vier Bereichen:
Bestanden hast du die Prüfung, wenn du nachfolgende Bedingungen zusammen erfüllst:
Wenn du noch mehr zu diesem Thema wissen willst, empfehle ich dir meinen Blogbeitrag „Unter welchen Voraussetzungen habe ich die Abschlussprüfung bestanden“.
Mit Hilfe der Ergänzungsprüfung kannst du eine fünf („mangelhaft“) in Wiso, Steuerung und Kontrolle oder in deinem Sperrfach ausgleichen. Es gibt zwei Konstellationen:
Wenn du wissen willst wie die Ergänzungsprüfung mit deinen Vornoten verrechnet wird, dann schaue dir meinen Blogbeitrag „Unter welchen Voraussetzungen habe ich die Abschlussprüfung bestanden“ an.
Eine sechs, ungenügend, führt automatisch zum nicht Bestehen der Prüfung.
Welche Fragen können in der Ergänzungsprüfung gefragt werden? Grundsätzlich kann durch den Berufsschullehrer das gesamte Fachgebiet, für das du dich entscheidest, abgefragt werden.
Hier ein paar Beispiele für Fragen zur Ergänzungsprüfung
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Das fallbezogene Fachgespräch ist der Abschluss deiner Prüfung. Hier greifen sowohl die theoretischen Fragestellungen aus der Berufsschule als auch dein praktisches Wissen aus deiner Ausbildungszeit im Betrieb ineinander.
Die praktische Ausbildungszeit in deinem Betrieb kannst du schlecht nachsimulieren oder zu Hause „lernen“. Wenn du dich auf dein Fachgespräch vorbereiten willst, empfehle ich dir folgendes:
An dieser Stelle verweise ich gern auf meinem Prüfungsvorbereitungskurs, in dem wir das mündliche Fachgespräch simulieren, damit du sicher für deine mündliche Prüfung bist. Wenn du mehr erfahren willst, klicke hier.
Beispielhaft soll hier ein Fall aus dem Bereich „internationale Spedition“ dargestellt werden.
Aufgabenstellung:
Sie sind Sachbearbeiter der Spedition Seidl Bro Trans International. Sie erhalten heute einen Auftrag von ihrem langjährigen Kunden: 40 Europaletten ab Werk in Münster bis CIP Shenzhen.
Bruttogewicht je Palette: 200 kg
Höhe der Paletten: 90cm.
Bei der Ware handelt es sich Dünger. Die Ware ist stapelbar verpackt.
Erläutern Sie Ihre Tätigkeiten, die Sie als Sachbearbeiter durchführen müssen, um den Transport für Ihren Kunden ordnungsgemäß abzuwickeln.
Dieser Fall ist recht offen gestaltet. Du könntest hier auf das gesamte Spektrum deiner speditionellen Praxis eingehen und mit deinem fachlichen Wissen glänzen.
Ich wünsche euch viel Erfolg bei eurer Vorbereitung auf die mündliche Prüfung!